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Norbert Opfermann

Nein, ich spreche hier nicht von den obskuren Ergüssen eines abgetretenen Präsidenten nebst denen seiner mal mehr oder weniger verflossenen Gattin oder den vertrackten Werken eines glücklosen Kanzlerkandidaten. Auch nicht von Bestsellerromanen à la Steven King oder Frank Schätzing ist hier die Rede. Aber sicherlich haben Sie angesichts eines Firmenjubiläums schon mal daran gedacht, eine Festschrift herauszugeben. Auch eine solche Publikation kann man spannend gestalten.



Buchcover Festschrift

Ganz wichtig ist die Frage nach Fotos. Denn eine reine Textwüste möchte wahrlich niemand lesen. Glücklich kann sich schätzen, wer beispielsweise als Bauunternehmer Fotos von seinen Baustellen oder Festakten mit dem Auftraggeber, möglicherweise sogar mit dem Bürgermeister oder dem städtischen Baudirektor, archiviert hat. Wobei die wenigsten Firmen wohl einen Archivar beschäftigen werden, der das alles auf Zuruf aus den Hut zaubern kann. Häufig sind die Fotos nicht hinreichend beschriftet und datiert. Wer ist auf dem Foto überhaupt zu sehen? Sind das wichtige Personen? Ältere Fotos werden kaum in digitalisierter Form vorliegen. Farbfotos aus den 1970er-Jahren weisen vielfach einen Rotstich auf und müssen vor der Veröffentlichung erstmal aufwändig bearbeitet werden. Vielleicht ist ja auch ein Artikel in der lokalen Presse erschienen? Sofern das Foto im Zeitungsarchiv vorliegt, wird das Negativ aus früheren Zeiten meist nur in Schwarz-Weiß sein (der durchgängige Farbdruck bei Zeitungen hat sich erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts durchgesetzt).


Noch ältere Fotos, besonders bei alt eingesessenen Industrieunternehmen, liegen vielleicht nur als Negativ auf Glasplatte vor. Wenn sie Glück haben, hat jemand diese Glasplatten bruchsicher aufbewahrt. Wenn Sie Pech haben, ist die Glasplatte gerade an einer interessanten Stelle gebrochen und die Szene muss aufwändig retuschiert werden. Haben Sie die Fotos gesichtet, ausgewählt und bearbeitet, dann beginnt die Suche nach Dokumenten aus der schon erlebnisreichen Firmengeschichte.



Zwangsarbeiter-Debatte führte zu einem

Geschichts-Hype

Das Interesse an der eigenen Geschichte ist seit der internationalen Debatte über die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter um den Milleniumwechsel 2000 gestiegen. Beigetragen zu dieser Entwicklung haben auch Boykottdrohungen und ein bis dato beispielloser öffentlicher Druck auf deutsche Unternehmen, ihre Vergangenheit – insbesondere der NS-Zeit offenzulegen. Die Debatte machte nicht nur aufwändige historische Recherchen notwendig, sondern führte vor allem bei global agierenden Konzernen dazu, sich intensiv mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Unternehmen wie Volkswagen oder Daimler-Benz beauftragten frühzeitig renommierte externe Experten mit der Aufarbeitung ihrer Geschichte. Dies erhöhte die Glaubwürdigkeit der Forschungen und brachte zum Teil neue schonungslose Enthüllungen über die Verstrickungen mit der NS-Diktatur.



Das Firmenarchiv: Das Gedächtnis des Unternehmens

Gerade bei solchen Geschichtsdebatten und Firmenjubiläen zeigt sich der Wert eines Firmenarchivs.  Mit einem gut geführten Firmenarchiv lässt sich History Communication professionell gestalten. Denn die gesammelten Schätze, das Archivgut, stellen die Basis für historische Themen dar. Festangestellte Firmenarchivare werden leider aus Kostengründen immer rarer. Nicht alle Firmen haben etwa wie Henkel in Düsseldorf mit den »Schriften des Werksarchivs« bereits seit Ende der 1960er-Jahre den Grundstein für eine systematische Aufarbeitung der Firmengeschichte des Henkel-Konzerns sowie seiner Tochtergesellschaften (wenn auch mittlerweile zum Teil verkauft) oder auch über die Geschichte der Werksfeuerwehr, der Mitarbeiterzeitschrift oder des Betriebsrats gelegt. Beim 125-jährigen Jubiläum im Jahre 2001 konnte Henkel daher auf diese Vorarbeiten zurückgreifen.


Ein weiteres Unternehmen, das die 100 Jahre bereits weit überschritten hat, ist Rheinmetall: Der Rüstungs- und Technologiekonzern feierte 2014 sein 125-jähriges Jubiläum. Die Überaus wechselvolle Geschichte, die in dem im September 2014 im Kölner Greven-Verlag erschienenen Buch »Rheinmetall – vom Reiz, im Rheinland ein großes Werk zu errichten« detailliert dargestellt wird, ist eng mit der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland verbunden.


Bei der intensiven und aufwändigen Recherche für das Buch zum 125-jährigen Firmenjubiläum stieß der Wuppertaler Geschichtswissenschaftler und freiberufliche Rheinmetall-Firmenarchivar Dr. Christian Leitzbach immer wieder auch auf Rheinmetall-spezifische Ereignisse und Episoden, die eher abseits des historischen Mainstreams liegen. Es sind Stories, in denen sich teils ungewöhnliche, teils amüsante und vielfach auch nachdenkliche Gegebenheiten widerspiegeln. 


So werden im Rheinmetall-Buch auch die Erinnerungen eines ehemaligen Zwangsarbeiters geschildert, der im Werk Düsseldorf an der Hobelbank arbeitete und der wohl auch deshalb überlebte, weil er seinem Hobby – der Malerei – während der Gefangenschaft nachgehen konnte. Die von Buchautor Dr. Christian Leitzbach ausgegrabenen historischen Fundsachen finden Sich auf einer eigenen Microsite auf der Rheinmetall-Webseite wieder. Die insgesamt siebenteilige Serie, die sich zeitlich eng an den prägenden Epochen der Unternehmensgeschichte von Rheinmetall orientiert, wird aufgelockert durch Illustrationen des in Dresden lebenden Grafikdesigners Dirk Oberländer. 



Josef Hinkel signiert Bücher.

Die Düsseldorfer Bäckerei Hinkel feierte 2016 ihr 125-jähriges Jubiläum. Im Jubeljahr brachte die Bäckerei eine Festschrift heraus: »Das Große Hinkel Brot Backbuch«. Neben der Firmengeschichte enthält das reich bebilderte Buch 50 Rezepte für Roggen-, Weizen- und Vollkornbrote sowie für Stuten und Brötchen. Bäckermeister Josef Hinkel ist Sammler traditioneller Brotrezepte, ganz viel Freude macht ihm aber das Ausdenken neuer Rezepte. Und aus den gesammelten Schätzen ist die Rezeptsammlung entstanden. Auf »Bäckerlatein« wurde beim Verfassen der Rezepte bewusst verzichtet.


Diese Beispiele zeigen, dass es bei Beschäftigung mit der Vergangenheit nicht um nostalgische Liebhaberei, sondern um eine professionelle Herausforderung geht.

Dagegen sehen sich viele Mittelständler vor einem Berg von Problemen: Oft machen sich schmerzhafte Lücken in der Überlieferung bemerkbar. In den allermeisten Fällen empfiehlt es sich, externe Hilfe ins Haus zu holen. Denken Sie auch an Interviews mit ehemaligen und langjährigen Mitarbeitern – durch »Oral History« (mündliche Überlieferung) lässt sich so manche Lücke füllen. Mit den Elementen des Storytellings entsteht eine spannende Firmengeschichte. Benutzen Sie das Jubiläum auch dazu, die Struktur des Unternehmensarchivs zu verbessern oder gar erst eines einzurichten, das den Namen verdient. Wer 50 Jahre Firmengeschichte aufarbeitet, kann möglicherweise Spurensicherung betreiben, die wenig später bereits unmöglich ist.


Mit meiner Doppelqualifikation als Journalist und Historiker kann ich Ihre Firmenhistorie attraktiv aufbereiten und Sie bei der Erstellung einer Festschrift unterstützen.


Sprechen Sie mich an.

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